Hier tritt der Rhein ins "Gebirge"
(1) Tief hinter der Kirche fließt quer durchs Bild die Nahe in
den Rhein. Man kann sie nicht sehen, man kann aber die lange gerade Eisenbahnbrücke sehen über die Nahemündung.
Sie ist um die Zeit noch nicht so alt, die Eisenbahn
fährt hier erst seit 1863, das heißt, seit 17 Jahren. Das war immer noch neue Technik
damals. Daß rauchende Schlote jetzt auch wandern können,
sogar quer durch die ganze Landschaft, hier auch auf dem Wasser, hat die Menschen
sicher beschäftigt.
Auf den Text klicken bringt den nächsten Text.
(2) Das Felsenriff "Binger Loch" liegt im Fluß knapp vor der Horizontlinie. In Flußrichtung
gesehen ist das knapp nachdem man unter der Burg Ehrenfels vorbei ist, auf dem anderen Ufer im Hang liegt. Der Name Binger Loch ist aus der Schiffer-Sprache.
"Loch" ist nicht etwa eine alte Bezeichnung für ein Riff, er bezieht sich auch nicht auf etwas Düsteres wie etwa ein Loch im Boden des Flusses. Wie beim Begriff "Mausloch" meint der Name den Durchlass durch das Riff, den Weg durch das Riff. Gemessen an der Arbeit, die diese Stelle den Schiffern damals gebracht hat, ist das doch noch eine recht positive, eine sachliche
Betrachtungsweise.
Tatsächlich zog sich das Riff (Quarzgestein)
ursprünglich durch den ganzen Fluß. Es gab also in Bingen zuerst
gar kein Loch. Wer auf dem Wasserweg durch wollte, die damalige
Schifffahrt, mußte "umtragen" wie jeder Kajakfahrer an unbefahrbaren
Strecken im Wildwasser das heute auch macht. Also: Anlanden, alles ausladen,
alles über Land befördern, alles einladen. Das erste "Loch",
das man in dieses Riff gebrochen hat, war 6 m breit. Der ganze Waren- (und
der ganze Personen-!)Verkehr, der aus dem Norden kommend auf dem Wasserweg für
Frankfurt, Mainz und die anderen Städte weiter südlich bestimmt
war und umgekehrt, mußte durch diese 6 m breite Lücke. Erst diese
künstliche Passage wurde mit dem Namen "Binger Loch"
angesprochen. . . . . ... Klick
(3) Zur Zeit dieses Bildes war die dem Riff ausgebrochene Scharte, das
Loch, immerhin schon auf 20 m verbreitert. Für die Schifffahrt war das
immer noch nicht viel und man hat deshalb 1860, d.h. 20 Jahre vor dem Bild,
eine zweite Möglichkeit zur Durchfahrt geschaffen. Man
hat durch Aushub und durch Leitwerk-Bau ein zweites Fahrwasser gebaut. Dieses
zweite Fahrwasser war 80 m breit (Binger Loch Fahrwasser heute: 120 m). Das zweite
Fahrwasser hatte allerdings einen gewichtigen Nachteil, es war nur 1,20m tief.
Es verlief später von hier aus gesehen hinter dem Mäuseturm (dort zusammen mit dem Haupt-Fahrwasser) und dann aber gleich gut links haltend,
links am Binger Riff vorbei.
Die Riff-Felsen wurden also links umfahren.
Ein wichtiges Element in dieser Maßnahme war ein Trenndamm zwischen Binger Riff und
dem neu geschaffenen Fahrwasser. Der Trenndamm mußte verhindern, dass
jetzt auf einmal alles Wasser sich den leichteren Weg aussen um das Riff herum
sucht, anstatt den schwereren Weg über und durch das Riff zu nehmen.
Aus dem gleichen Grund mußte auch die Wassertiefe im neuen Fahrwasser möglichst klein gehalten werden.
Die Folgen eines zu leichten Wasserabflussen wären weitreichend. Durch einen leichteren
Abfluß würden sich die gesamten Wasserverhältnisse im Rheingau oberhalb
und auch unterhalb Bingens verändern. . . . . ... Klick
Bingen um 1880
Blick von der Burg Klopp.
(4) Der verhältnismäßig geringe Tiefgang im neuen Fahrwasser hat dazu geführt,
dass die Bergschifffahrt mit geladenen Kähnen vor allem das Binger Loch benutzt
hat und die Talfahrt, das sind häufig Leerfahrten, das neue Fahrwasser.
1974 wurde dann das Binger Loch endgültig auf 120m Breite erweitert und das neue Fahrwasser wurde geschlossen.
Man kann das sogar auch hier auf dem Bild beobachten. Ganz im Hintergrund
sieht man einen Dampfer zu Berg kommen, knapp unterhalb des Binger Lochs, d.h. von hier
aus hinter dem Binger Loch. Er hat Doppel-Schornsteine, weil er zwei Kessel hat. Er bekommt damit mehr Dampf zum Schleppen. Das Fahrzeug rechts daneben mit Mast ist wohl ein Anhang-Schiff, ein Schiff, das er schleppt. Weiter hinten noch
ein Anhang, auf die Entfernung hat der Maler den Mast sogar weggelassen. Das
neue Fahrwasser links wäre zu diesem Zeitpunkt ebenfalls frei gewesen.
Trotzdem benützt die Bergfahrt, die wir sehen, das Fahrwasser durch das Binger Loch. . . . . ... Klick
(5) Für die Talfahrer ist das neue Fahrwasser zu diesem Zeitpunkt gerade
"freigegeben". D.h. es kommt im neuen Fahrwasser keine Bergfahrt entgegen.
Wir sehen das direkt in der Bildmitte an einem Signalposten der neu
eingeführten Verkehrsregelung für die
Schifffahrt.
Vor Einführung der Dampfschiffahrt kamen sich Bergfahrer und
Talfahrer nie ins Gehege. Man konnte sich ganz unbesorgt zu Tal
Sache des eigenen Geschmacks
und nur teilweise beeinflußt durch die örtlichen Fahrwasserverhältnisse.
Man war ja ganz unter sich. Alle
bis auf die Segler fuhren gleich schnell, bzw. gleich langsam, die Abstände untereinander veränderten sich kaum. Gegenverkehr
gab es
nicht. -
Gab es nicht? Die Bergfahrt wurde getreidelt. Der Gegenverkehr war also
an das Ufer gebunden, sogar buchstäblich. Die Treidelleine hält ihn im Bereich mit der geringeren Strömung. Der Talfahrer hat die Weite der Strommitte für sich allein, dort kommt er auch am schnellsten voran, dort hat er den schnellsten Strom. Gegenverkehr in der Strommitte gab es nicht.
. . . . ... Klick
(6) In diese schönen klaren Verhältnisse bringt die Dampfschifffahrt
Unruhe. Auch die Dampfer fahren in der Strommitte. Aber sie kommen von vorne!! Das hat
wohl mehr als eine Panik ausgelöst. Wie macht man jetzt schnell das Schiff
steuerfähig? (Antwort: entweder zulegen oder abbremsen.) Jedenfalls in
der Gebirgsstrecke, von hier aus stromab, wird bald klar: Man braucht eine Verkehrsregelung. Man
hat dann sogenannte Warschaustationen eingeführt. (Warschau - Schiffahrtssprache
"Achtung") Der Mäuseturm, hier in der Mitte des Bildes, war
für die ankommende Talfahrt die erste Warschaustation auf dieser Strecke. Ein Ball
an einer waagrechten Fahnenstange oben am Mäuseturm zeigt an, das neue Fahrwasser ist frei. Sogar von hier aus, von der Burg Klopp, kann man das Signal sehen. Sehr effektiv.
Im Lauf der Jahre wird diese Signalgebung noch verfeinert. Es wird zwischen Einzelfahren, Schleppverbände oder
vor allem Flößen unterschieden. Ausser dem neuen Fahrwasser wird dann auch das Binger Loch "gewahrschaut". Die Talfahrer mußten dann durch eine Flagge am vorderen
Mast anzeigen, welches Fahrwasser sie benutzen wollen. Im
Ernstfall mußten sie vor Bingen gegen den Strom aufdrehen und warten. Heute
kann man sich im Binger Loch begegnen und dort sogar überholen.
Überholverbot gibt es dann erst gegenüber der Nahemündung,
also vor uns im rechten Stück des Rheins, im Bereich der "Fiddel"
und des "Mühlsteins". Das heißt: heute ist dort eigentlich
alles ganz locker. ... Klick
(7) Der
Dampfer rechts im Vordergrund ist wohl ohne Anhang durch das Binger Loch zu
Berg gekommen. Vielleicht fährt er auch
alleine. Der Dampfer ist Fahrzeug aus den ersten Dampfergeneration. In der ersten Generation waren die Dampfer Universal-Dampfschiffe, sie waren in ihrer Bauweise nicht auf bestimmte Aufgaben, Schleppdampfer,
Fahrgastdampfer oder Frachtdampfer, festgelegt.
Mehr in Richtung Nahemündung
segelt ein Talfahrer, sein Beiboot hat er an langer Leine. (z. Fahren
mit kaltem Druck, Einsatz von
die Mäuseturminsel
eine andere Wasserfärbung. Das ist der Nahegrund. Das Schwemmgut
aus der Nahe lagert sich hier ab. Der Bereich ist heute nicht mehr befahrbar.
Bis in die 50er Jahre hinein war ziemlich genau hinter
dem Dach des Kirchenschiffs in dem grünen Vorland ein Hafenbecken. Der ungewöhnlich lange, weit ins flache Wasser reichende Schwimmsteiger
am Ufer gegenüber der Mäuseturminsel
geht wohl zwischen Steiger und Mäuseturminsel durch und von dort aus ins neue Fahrwasser links um das Binger Riff.
Auf die Mauer klicken holt Text dazu
Hinweis
Diese Seite ist mit ihren Bildern und ihren Steuerelementen auf den vollen seinerzeit üblichen Bildschirm abgestimmt, man sieht und bedient die Seite daher am Besten im
Vollbild-Modus.
Den Vollbild-Modus erreicht man über F 11.
Im Internet Explorer erreicht man ihn auch über "Extras" > Vollbild, im FireFox geht es über "Ansicht", im Google Chrome über "anpassen" (Schraubenschlüssel) > Zoomen, Symbol ganz rechts.
Die Ansicht ist aus
(B 00) Der Rhein, Aquarelle von C.P.C. Köhler mit Schilderungen und
Sagen, ausgewählt von Dräxler - Manfred C.P.C. Köhler C. KÖHLER'S Verlag
Darmstadt. Ohne Jahresangabe.